Antrag zu TOP 25 der Ratssitzung am 14.09.2021

Die unterzeichnenden Fraktionen bitten darum, dem Rat der Stadt Wesel, den nachfolgenden Beschlussvorschlag zum TOP öffentlich 25 sowie nicht-öffentlich 5 „Abwahl des Herrn Ludger Hovest als stellvertretender Vorsitzender und Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke Wesel GmbH; hier: Entscheidung über Beanstandung des Ratsbeschlusses vom 04.05.2021 durch die Bürgermeisterin Ulrike Westkamp vom 25.06.2021“ zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen:
Der Rat der Stadt Wesel lehnt die Beanstandung des Ratsbeschlusses ab und verbleibt bei seinem Beschluss vom 04.05.2021 über die sofortige Abberufung des Herrn Ludger Hovest als stellvertretenden Vorsitzenden und Mitglied des Aufsichtsrates der Stadtwerke Wesel GmbH.

Begründung:
Grundlage für die Abberufung ist § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW. Danach haben Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat einer juristischen Person „ihr Amt auf Beschluss des Rates jederzeit niederzulegen“.
Betrachtet man den Wortlaut der Vorschrift, sind für die Abberufung keine Tatbestandserfordernisse aufgestellt.
Die Ausübung des Abberufungsrechtes ist daher in das Ermessen des Rates gestellt.
Grenzen der dem Rat damit zugewiesenen weitreichenden Entscheidungsfreiheit können sich allein entweder aus dem allgemeinen Missbrauchs- und Willkürverbot oder aus anderen kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmungen ergeben (vgl. OVG NRW, Besohl. v. 12.2.1990 - 15 B 35/90; DVBl 1990, 834 ff. zum wortgleichen § 55 Abs. 1 Satz 2 GO NRW alt.).
1.
Vorliegend ist ein willkürliches oder missbräuchliches Verhalten nicht zu erkennen und wird auch nicht vorgetragen. Vielmehr kann Herrn Hovest ein Fehlverhalten - und durch Verletzung der Verschwiegenheitsverpflichtung auch ein schwerwiegendes - angelastet werden.
Zum einen in öffentlicher Ratssitzung – hier verweisen wir auf die Vorträge in der Ratssitzung vom 04.05.21- und zum anderen (noch heute auf verschiedenen Quellen für jedermann einsehbar) im Internet durch „Pressemitteilungen“, unterzeichnet als SPD-Fraktionsvorsitzender. Hier wird dem Leser klar, dass Herr Hovest seine Tätigkeit im Aufsichtsrat als „freies Mandat“ versteht und sich weder dem Unternehmen noch der Stadt Wesel gegenüber zur Loyalität verpflichtet sieht. Zitat: „Zu erwähnen ist noch, dass seit Anfang des Jahres mit mir über das Gehalt und eine mögliche Altersvorsorge für Herrn Hegmann, Geschäftsführer der Stadtwerke, verhandelt wurde, mit negativem Ergebnis. Ich halte die Bezüge für Herrn Hegmann sehr auskömmlich und sehe keinen Handlungsbedarf“.
Auch geht die Wertung der Bürgermeisterin fehl, Herr Hovest habe die Kenntnisse der preisgegebenen Informationen nicht in der Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied erhalten. Er hat sie in dieser Funktion erlangt. Dazu haben wir ausgeführt. Selbst wenn man mit der Bürgermeisterin davon ausgeht, dass er sie nicht in dieser Funktion erlangt hat, ist das unbeachtlich, da er gegenüber dem Unternehmen vollumfänglich der Verschwiegenheit unterliegt, es sein denn, höherrangige Interessen stehen dagegen.
Herr Hovest ist überdies lange genug politisch aktiv und in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied über die Verschwiegenheit ausdrücklich belehrt worden, sodass die Annahme einer lediglich fahrlässigen Handlungsweise, wie sie die Bürgermeisterin annimmt, ebenfalls fehlgeht und abzulehnen ist. Auf diesen Gedanken kann man in der Sache zudem kaum kommen, wenn man berücksichtigt, dass Herr Hovest eine „öffentliche Behandlung“ des Themas in der Ratssitzung ausdrücklich beantragt hat und dies trotz gegenteiliger Empfehlung, zuletzt unmittelbar vor der Ratssitzung, durch den Fraktionsvorsitzenden der CDU. Zudem hat er “Pressemitteilungen“ und diverse Schreiben an den Geschäftsführer der Stadtwerke veröffentlicht.
2.
Andere kommunalverfassungsrechtliche Regelungen, wie zum Beispiel § 50 GO NRW, aus dem sich das Prinzip der Verhältniswahl ergibt, sind hier ebenfalls nicht tangiert. Auch dies wird in dem Beanstandungsbeschluss nicht vorgebracht.
Darüber hinaus darauf abzustellen, dass aufgrund der Dauer der Mitgliedschaft von Herrn Hovest doch ein weniger einschneidendes Mittel seitens des Rates hätte gewählt werden müssen, trägt nicht.
Bereits der Wortlaut, nachdem die Niederlegung des Amtes auf Beschluss des Rates „jederzeit“ zu erfolgen hat, spricht dagegen. Denn welchem inhaltlichen Wert kommt der gesetzlichen Ermächtigung einer „jederzeitlichen“ Abberufung zu, wenn diese zugleich stets nur das mildeste Mittel sein darf.
Auch die Rechtsprechung hat über die o.g. Voraussetzungen keine dahingehenden Anforderungen gestellt (s.o.).
Selbst wenn eine Abberufung immer auch damit abgewogen werden muss, ob es mildere Mittel zur „Ahndung“ eines Fehlverhaltens eines Aufsichtsratsmitgliedes gibt, wiegt die Schwere des Verstoßes mit einer Verletzung der Verschwiegenheitsverpflichtung vorliegend so stark, dass wir dieses mildere Mittel nicht zu erkennen vermögen. Dabei käme es auf die Form des Verschuldens nicht einmal an, weshalb auch die Einlassung ihrerseits, eine eventuelle Verletzung der Pflicht sei jedenfalls nicht vorsätzlich erfolgt, unbeachtlich ist.
Vollkommen parteiisch bittet die Bürgermeisterin nicht zuletzt um Nachsicht, weil Herr Hovest dem Aufsichtsrat der Stadtwerke bereits über 30 Jahren angehört. Untadelig war sein Verhalten in diesen Jahren bekanntlich keineswegs! Auf sein Fehlverhalten vor Jahren im Aufsichtsrat der Bauverein AG, dem er danach für einige Zeit nicht mehr angehörte, wird nicht eingegangen. Dem Vorwurf der unberechtigten Kritik an der Geschäftsführung versucht sie mit dem Hinweis auf interne Schreiben und einer Änderung der Geschäftsordnung „im Sinne des Antrags des Herrn Hovest“ zu entkräften. Noch heute ist seine Einlassung im Internet zu lesen: „Ein großer Imageschaden der Stadtwerke ist durch das Fehlverhalten der Geschäftsführung entstanden“. Die erfolgte Änderung der Geschäftsordnung steht in einem anderen Zusammenhang und hat mit den dargestellten Sachverhalten bzw. Streitpunkten nichts zu tun.

Aus den bereits im Einzelnen schriftlich und mündlich vorgetragenen Gründen, der Verletzung der Verschwiegenheit sowie der öffentlich und teils nichtöffentlich vorgetragenen, unangemessenen Anschuldigungen, sehen wir ausdrücklich keine Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Herrn Hovest im Aufsichtsrat der Stadtwerke Wesel GmbH zum Wohle des Unternehmens und auch der Stadt Wesel.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Linz                                 Ulrich Gorris                            Michael Oelkers                           Thomas Moll