Obwohl erst im September des vergangenen Jahres eine einheitliche Satzung für Unterkünfte für Flüchtlinge und Obdachlose der Stadt Wesel durch den Rat beschlossen wurde, gibt es anscheinend teils erhebliche Unterschiede zwischen der Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungs- bzw. Obdachlosen in den Unterkünften unserer Stadt, so wurde es mir jedenfalls in sehr persönlichen, glaubhaften Schilderungen von Betroffenen dargestellt.

Während es beispielsweise in der Unterkunft an der Trappstraße (Flüchtlingsunterkunft) jeweils eine Küche für zwei Zimmer geben soll, die von Bewohnern ohne zeitliche Einschränkung benutzt werden kann, gibt es in der Unterkunft am Herzogenring (Obdachlosenunterkunft) den Schilderungen zufolge eingeschränkte Nutzungszeiten und sechs Herdplatten für knapp 30 Personen. Am Herzogenring soll es Toiletten ohne WC-Sitze und –Deckel und Duschen ohne geeigneten Ablauf geben. Auch Duschköpfe sollen fehlen. Während es in der einen Unterkunft Schlüssel für jedes Zimmer geben soll, ist auch dies am Herzogenring nicht der Fall. Die Bewohner können also ihr weniges Hab und Gut nicht durch Verschluss des Zimmers vor Diebstahl sichern. Ein weiterer, für die Betroffenen sehr bedeutender Unterschied liegt auch im Zugang der Unterkunft. Während es in der Flüchtlingsunterkunft an der Trappstraße keinerlei Einschränkung gibt, sind die Räumlichkeiten am Herzogenring in der Zeit von 8 bis 16.00 Uhr nicht zugänglich. Dies soll auch für Personen gelten, die beispielsweise eine Blasenschwäche haben, und immer wieder nach Möglichkeiten in der Stadt (Geschäfte, Lokale, Krankenhaus) suchen müssen, um ihre Notdurft zu verrichten. Und es gibt den Schilderungen nach regelmäßig Konflikte mit drogen- und alkoholabhängigen Personen und dennoch werden diese mit weiteren, nichtabhängigen Personen in einem kleinen Zimmer untergebracht.

Weitere benannte Problempunkte in Kürze:

  • Jeder Wohnungslose darf maximal zwei Gepäckstücke mit in die Unterkunft bringen. Weitere persönliche Gegenstände sind nicht gestattet und daher ggfs. zu entsorgen. Für Menschen, die ohnehin kaum noch etwas haben, m. E. eine Zumutung.
  • Ein eigener PC, Laptop, Drucker o. ä. ist in den Zimmern nicht gestattet. Obwohl z. B. bei der Arbeitssuche und der Anfertigung von Bewerbungen sicher sehr hilfreich.
  • Außerhalb der Küchenöffnungszeiten dürfen sich Bewohner z. B. auch keinen Tee kochen.
  • Bettlägerige Personen dürfen tagsüber ebenfalls nicht in ihren Zimmern bleiben und müssen eine benachbarte Unterkunft aufsuchen. Ihre persönlichen Sachen dürfen sie allerdings nicht mitnehmen und müssen sie in den unverschlossenen Zimmern belassen.
  • Wird ein Bewohner plötzlich ins Krankenhaus eingeliefert und meldet er sich nicht innerhalb 14 Tagen in der Unterkunft, wird sein Zimmer geräumt und die persönlichen Gegenstände entsorgt. Eine Bewohnerin, die eigentlich einen längeren Krankenhausaufenthalt wahrnehmen soll, traut sich daher nicht, der Empfehlung der Ärzte zum Krankenhausaufenthalt zu folgen.

Schwere Vorwürfe wurden mir zum Sicherheitsdienst vorgetragen, der die Unterkunft Herzogenring betreut. So wurde eine Bewohnerin ohne Schuhe und Jacke für drei Tage der Unterkunft verwiesen und ihr sofort der Zugang zu ihrem Zimmer verwehrt. Sie musste sich für diese Zeit eine andere Übernachtungsgelegenheit suchen. Mitarbeiter der Security filmen Bewohner z. B. beim Aufräumen und Fegen in der Unterkunft und senden die Filmaufnahmen über die Sozialen Medien an Bekannte um sich über die Bewohner lustig zu machen. Von Vorfällen wie Streit z. B. mit drogensüchtigen Personen werden keine Protokolle angefertigt und auch Diebstähle nicht verlässlich dokumentiert. Die Bewohner fühlen sich in solchen Situationen gänzlich auf sich alleine gestellt und ständiger Gängelung durch das Personal des Sicherheitsdienstes ausgesetzt.

Aufgrund der vorgenannten Sachverhalte beantragt die CDU-Fraktion zur nächsten Sitzung des Sozialausschusses das Thema „Unterbringung von Wohnungslosen in Wesel“ auf die Tagesordnung zu setzen. Gleichzeitig wird die Verwaltung gebeten, die hier aufgezeigten Missstände zu prüfen, ggfs. kurzfristig zu beseitigen und spätestens zur Sitzung aufzuzeigen, wie eine Verbesserung der Situation für wohnungslose Weseler insgesamt in den Unterkünften der Stadt Wesel erreicht werden kann.

Dabei bitte ich insbesondere auf die nachfolgenden Fragen einzugehen:

Worin konkret unterscheiden sich die Hausordnungen für Flüchtlingsunterkünfte und die für Wohnungslose? Wie lauten diese und sind sie jedermann zugänglich?

Wer übt jeweils das Hausrecht der Stadt Wesel aus und wer überwacht die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit bei Einzelfallentscheidungen? Welche Erfahrungen wurden bislang mit dem Sicherheitsdienst am Herzogenring gemacht?

Warum sind die Unterkünfte für Wohnungslose nicht jederzeit zugänglich und warum sind die Zimmer nicht abschließbar und vor Diebstahl geschützt?

Wie kann sichergestellt werden, dass Krankenhauspatienten nicht plötzlich vor dem Nichts stehen und bei Entlassung weder ihr bisheriges Zimmer noch ihre persönlichen Sachen verlieren?

Wie wird den Wohnungslosen geholfen wieder auf „eigene Beine“ zu kommen und damit zur eigenen Wohnung? Wie den drogen- und/oder alkoholabhängigen Personen?

Warum ist es nicht möglich bettlägerige Bewohner auf ihren Zimmern zu belassen und Menschen mit Blasenschwäche jederzeit einen Zugang zu den Toiletten zu ermöglichen?

 

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Linz
-Fraktionsvorsitzender-